Die Sonntagspredigt vom 3. August 1997
Arthur Heilmann (Theologe):
Vertrauen
...so gewiß ist' s,
daß nur die Liebe
und einer den andern
erhöht.
Ingeborg Bachmann
Liebe Freunde,
Was ist Vertrauen? Fragen wir uns. Ist es einfach da, oder müssen wir es uns erkämpfen, erarbeiten, erleiden? Ist Vertrauen ein Raum der uns von anderen gegeben wird, von den Eltern, vom Partner? Wer vertraut uns? Wem vertrauen wir?
Wir alle kennen das haltlose Gefühl, kein Vertrauen zu haben. Kein Vertrauen in unsere Fähigkeiten, kein Vertrauen in die Fähigkeiten des anderen, des Partners. Vertrauen wird gebrochen, Ur - Vertrauen fehlt uns, Gottvertrauen wird beschworen und sucht Beweise. Wir finden Glaubenssätze in uns.....wenn ich Angst habe, kann ich nicht vertrauen.....wenn ich nicht vertrauen kann, kann ich nicht lieben.....er vertraut mir nicht...mein Vertrauen ist erschüttert.....die anderen sind Schuld, daß ich mein Vertrauen verloren habe....Wir sagen uns : Kein Vertrauen, d.h. wir haben es nicht. Kein Ur - Vertrauen, kein Gottvertrauen kein Selbstvertrauen. Wir stellen es fest : wir haben es nicht. Wir haben diesen Zustand, das Nicht - Vertrauen , erkannt und gefühlt. Wir wehren uns nicht mehr dagegen, wir bewerten diesen Zustand nicht. Wir sagen und fühlen - ich habe es nicht - das ist unser Jetzt, unser Zustand, hier stehen wir. In diesem Moment geschieht etwas : wir sind da, wir sind ganz präsent. Wir haben uns angenommen in diesem Zustand.
Wir alle kennen auch das Gefühl, Vertrauen zu haben. Es ist ein Gefühl der Sicherheit. Aber woher? Vertrauen ist Sicherheit. Wann haben wir Vertrauen gehabt? In welcher Situation? Wir erinnern uns, wann wir als Kind Vertrauen hatten. Wir fühlten uns sicher und geborgen in den Armen unseres Vaters, sicher und geborgen in den Armen der Welt. Vertrauensvoll schmiegten wir uns in diese Arme, ohne Erklärungen und Beweise. Wir kennen dieses Gefühl auch im Tun. Wenn wir etwas tun, und vollkommen akzeptieren, daß wir es tun. Wir erschaffen etwas, und erleben es gleichzeitig. Wir geben uns der Sache hin. Was immer es ist, wir tun es, wir erleben es, es ist da. Es muß nicht bewertet werden, es braucht keinen Beweis. Es ist hier. Jetzt. Wir sind sicher. Wir fühlen Vertrauen in das, was wir jetzt erleben.
Vertrauen ist Sicherheit, ohne das Vorhandensein von Beweisen.
Vertrauen ist ein Raum, den ich selbst erschaffe, und den anderen miteinbeziehe, mithineinnehme. In diesem Raum ist gemeinsames Erleben möglich.
Ich will Dein Vertrauen - ist der Wunsch am Anteilnehmen an den Erfahrungen des anderen.
Vertrauen ist der Glaube und die Hingabe, daß alles richtig ist was stattfindet, was wir erleben. Auch die Dinge und Gefühle, die wir ablehnen. Unser Vertrauen, uns selbst anzunehmen, in jedem Zustand, ohne Widerstand, ohne Wünsche, ist der Boden für unsere Sicherheit.
Selbstvertrauen ist der Raum, den wir uns selbst geben, in Hingabe, in Selbst - Annahme. Wir eröffnen uns dadurch Beweglichkeit. Wir werden virtuoser und sicherer in unserem Handeln. Wir verbrauchen unsere kreative Energie nicht mehr im Widerstand.
Wir trauen uns was. Wir vertrauen uns.